Kännelkohle und ihre Bedeutung für Kultur und Bergbau

Der Name Kännelkohle kommt aus dem Englischen. Candle heißt Kerze. Offensichtlich hat man diese Art von Steinkohle, eine Art Mattkohle, in sehr frühen Zeiten zum Leuchten benutzt. Wenn einmal angezündet, brennt die Kännelkohle, wegen des sehr hohen Anteils an flüchtigen Bestandteilen, lebhaft mit heller rußender Flamme (1). Der Römer Solinus schreibt in seinem Buch 'Merkwürdigkeiten' von einem ewigen Tempelfeuer der Göttin Minerva im Heiligtum von Bath (England), dessen Flammen in felsigen Kugeln zergehen (2, 119). William Webster schließt daraus, daß damals Steinkohle die Flammen genährt hat und Prof. Kolling glaubt, daß das leuchtende Feuer aus der Kännelkohle kam. Außerdem schreibt Caesar in seinem Buch 'Über den gallischen Krieg' in Kapitel 43 : Als im Lande der Nervier, im Jahre 54 vor Chr. , das Lager kaum aufgebaut war, hatten die Kelten glühende Tonkugeln und glühende Wurfspeere auf die Strohdächer des Lagers geschleudert und sie angesteckt. Auch in diesem Fall ist Kolling mit anderen der Meinung, daß es sich auch hier um Kännelkohle - Kugeln gehandelt hat (2). Die Kelten kannten also die brennende Eigenschaft der Kohle.

Die Kännelkohle ist sammetschwarz, mitunter seidenglänzend, hart, zäh und hat einen flachmuscheligen Bruch. Sie besteht überwiegend aus Sporen, Pollen und Algen. Auch feinste Schlämme halfen bei ihrem Aufbau (3). Sie heißt deshalb auch Sapropelit. Kännelkohle läßt sich schnitzen, schleifen und polieren. Sie hat dann einen besonderen tiefschwarzen Glanz. Wegen ihrer relativ leichten Bearbeitbarkeit mit einfachen Werkzeugen, wurde sie schon in sehr frühen Zeiten zu besonders kostbarem und begehrenswertem Schmuck verarbeitet. Dabei hat sich die Bezeichnung 'Gagat' für besonders wertvolle und gut zu bearbeitende Stücke durchgesetzt.

Der älteste bekannte Schmuck aus Kännelkohle ist ein Ring, der in dem steinzeitlichen Kammergrab Isbister auf den Orkneys bei Kirkwall (Schottland) gefunden wurde (4). Er wird dort im Museum aufbewahrt. Die Anlage des Grabes ist durch sonstige Grabbeilagen zeitlich auf die Jahre um 3 150 vor Chr. festgelegt worden. Das Grab wurde etwa zwei Jahrhunderte lang belegt.

Steinzeitlicher Ring aus Kännelkohle neben einem Knopf aus jet-Kohle, Orkneys (Foto: Jochen Müller)

Wie man sehen kann, ist der Ring außerordentlich gleichmäßig geschliffen und poliert. Er war in seiner 'Gebrauchszeit' offensichtlich besonders wertvoll. Er wurde sorgfältig geteilt und zwei verschiedenen Personen als Grabbeilage mitgegeben. Man hat ihn bei zwei verschiedenen Skeletten in der Grabkammer, in der in der Zeit von 3 150 - 2 900 vor Chr. über 30 Personen beigesetzt worden waren, gefunden. Das Material für den Ring aus Kännelkohle entstammt nach dem augenblicklichen Stand der Untersuchungen der Kohlenlagerstätte von Brora in Schottland.

Aber auch im Saarland gibt es einen sehr spektakulären Fund. Gagat - Schmuck wurde im Grab der Fürstin von Rubenheim gefunden. Prof. Kolling hat die Grabanlage aufgrund anderer Grabbeigaben auf das 7.- 6.Jahrhundert vor.Chr. datiert (2). Es handelt sich also um ein Grab aus der Hallstattzeit HaC. Frau Dr.Engel konnte eine Perle mit etwa 4cm Durchmesser palynologisch untersuchen und feststellen, daß das Material aus dem die Perle hergestellt ist, aus der Kännelkohlenbank des Flözes Tauentzien im Felde der ehemaligen Grube Heinitz stammt (3). Dr.Schröder von der Universität des Saarlandes hat die Vergleichsprobe auf der 4.Sohle Heinitz anläßlich einer Grubenfahrt entnommen (5). Es muß also bereits im 7. / 6. Jh. eine bergmännische Aktivität im Felde Heinitz gegeben haben, denn das Material für die Perle mußte offensichtlich unterhalb des Verwitterungshorizontes des Flözes Tauentzien gewonnen werden. Aber auch im Grabe der Ursula von Roden (3. Jahrhundert nach Chr.) wurden Kännelkohle - Ringe gefunden, die nach Weisgerber (6) ebenfalls aus dem Kännelkohlevorkommen Heinitz stammen. Eine bergbauliche Aktivität im Flöze Tauentzien muß also auch im 3. Jh. nach Chr. vorhanden gewesen sein.

(Gagat-)Kännelkohlenringe aus dem Grabe der Ursula von Roden (Foto: Kolling in SBK 1986,S.115 (4))

In Europa sind im Laufe der Geschichte verschiedene Kännelkohlenlagerstätten bekannt geworden. So in Schottland, Polen und insbesondere auch in Tschechien (Böhmen). Auch in Deutschland sind verschiedene kleinere 'Schmitzenlagerstätten' wahrscheinlich ausgebeutet worden. Mehrere hallstatt- und römerzeitliche Gräber besonders im süddeutschen Raum enthielten Schmuckstücke aus Kännelkohle (8). Es waren verschiedene Produzenten aktiv. Bisher sind nicht alle Fundstücke mit modernen petrographischen Methoden untersucht worden. Eine endgültige Zuordnung der Funde zu den Herkunftslagerstäten ist daher nicht immer möglich.

Gagat diente aber nicht nur als Rohmaterial für die Schmuckherstellng. Die Römer berichten von dem Gagat als Zauberstein. Auch Epilepsie und die Jungfräulichkeit konnten die Zauberer damit erkennen.

Die Kännelkohlen - Lagerstätte am Riedberg bei Heinitz - Neunkirchen

Die wichtigste Lagerstätte der Kännelkohle in der Steinkohle in Deutschland ist aber im Karbon und zwar im Flöz Tauentzien im Felde der ehemaligen Grube Heinitz. Sie ist in verschiedenen zeitlichen Epochen ausgebeutet worden. Wie erwähnt, ist während der Hallstatt- und Römerzeit hier ein Bergbau in Betrieb gewesen. Eine Untersuchung im Rißwerk der Königlich Preußischen Grube Heinitz (7) zeigt, daß dieser Bergbau am Riedberg im Bereich des Ausgehenden des Flözes Tauentzien gewesen sein muß. Das spätere Königlich Preußische Steinkohlenbergwerk Heinitz hat in den Jahren 1851 / 1852 einen alten Abbau, der vor der Gründung der Grube Heinitz umgegangen ist, angefahren und seine Ausdehnung durch bergmännische Arbeiten festgestellt. Es handelt sich dabei um eine bedeutende Abbaufläche. Dies muß der vorgeschichtliche Abbau gewesen sein. Der Abbau reicht bis zu einer Teufe von mehr als 30 m und muß daher von einer entsprechenden Organisation angelegt worden sein, die die technischen Probleme und den notwendigen Aufwand meistern konnte. Ohne besondere technische Bewetterungshilfen endet nämlich bei etwa 10 m in einem vorgesetzten Ort ein ausreichender Sauerstoffgehalt in der Luft, der einem Menschen das Arbeiten erlaubt.

Ein querschlägiger Schnitt im Bereich des Heinitzstollens des ehemaligen Steinkohlebergwerks Heinitz zeigt die Ausdehnung des prähistorischen Abbaues in die Teufe.

Querschlägiger Schnitt durch Flöz Tauentzien

Literatur:

1
Paul Guthörl, Die Kännelkohle der Grube Heinitz, in Stadt Neunkirchen,1955,S.12
2
A.Kolling, Steinkohle bei Kelten und Römern, Brennstoff, Schmuck und Waffe in Saarbrücker Bergmannskalender 1986, S.115
3
Helga Engel, Sporen und Pollen verraten den Herkunftsort der Kohle, Saarbrücker Bergmannskalender1991, S. 55 - 66
4
Tomb of the Eagles, Liddle, St. Margaret's Hope, Orkney , Prospekt des Museums
5
Dr.Schröder, Universität des Saarlandes, persönliche Mitteilung
6
G.Weisgerber, Kohle, S.165 - 168, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Walter de Gruyter Berlin
7
Rißwerk des Königlich Preußischen Steinkohlenbergwerks Heinitz
8
Otto Rochna, Hallstattzeitlicher Lignit- und Gagat - Schmuck, Zur Verbreitung, Zeitstellung und Herkunft in Fundberichte aus Schwaben,Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein. Neue Folge 16, 1962, S.44 -83